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Faculty for Chemistry and Pharmacy LMU Munich - Neue Einblicke in poröse Nanostrukturen - Gezielte Freigabe von Medikamenten im Körper denkbar

Neue Einblicke in poröse Nanostrukturen - Gezielte Freigabe von Medikamenten im Körper denkbar

Nov 30, 2007

Mesoporöse Nanostrukturen versprechen wahre Universalgenies zu werden: So sollen etwa winzige Kügelchen mit noch winzigeren Poren Medikamente an die richtige Stelle im Körper transportieren und dort gezielt freisetzen.

Damit sich diese Materialien aber auch genau so verhalten, wie man es von ihnen erwartet, muss man möglichst genau verstehen, wie sie von innen aussehen und wie sich zum Beispiel Moleküle von Arzneimitteln wie etwa Proteine in ihnen bewegen. Mit einer Kombination von Einzelmolekülfluoreszenzmessungen und Elektronenmikroskopie gelang einem Wissenschaftlerteam um Professor Christoph Bräuchle und Professor Thomas Bein, Department Chemie und Biochemie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, im Rahmen der Exzellenz-Cluster „Nanosystems Initiative Munich (NIM)“ und „Center for Integrated Protein Science Munich (CiPSM)“ ein dazu wichtiger Schritt. Wie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature“ berichtet, konnten sie erstmals die lokale Struktur von mesoporösen Nanostrukturen und die Bewegung von Molekülen in solchen Strukturen miteinander korrelieren.

Als Katalysator für chemische Reaktionen werden poröse Strukturen schon jetzt kommerziell eingesetzt. Zudem aber entstehen in Kanälen von wenigen Nanometern Dicke Nanodrähte, die als Bausteine für die Sensorik der Zukunft dienen sollen. Nicht zuletzt sind der gezielte Transport und die Freigabe von therapeutischen Substanzen im Körper denkbar. Ein wichtiger Fortschritt auf dem Weg zum Verständnis ist nun dem LMU-Forscherteam gelungen, indem sie zwei Methoden kombinierten: Die Struktur eines nanoporösen Festkörpers nahmen sie mit einem Transmissionselektronenmikroskop auf. Die Wege einzelner fluoreszierender Moleküle darin bildeten sie aber mittels optischer Mikroskopie ab und überlagerten anschließend beide Bilder mit einer Genauigkeit von wenigen 10 Nanometern. Diese Methode eröffnet neue Wege zum Verständnis der realen porösen Struktur mit all ihren auffälligen und versteckten Defekten, sowie deren Einfluss auf die Bewegungen der eingeschlossenen Moleküle.

Materialien mit periodisch geordneten Poren im Nanometerbereich, insbesondere mesoporöse Feststoffe mit Porendurchmessern von zwei bis 50 Nanometern, können eine Vielzahl verschiedener Strukturen annehmen. Zur Herstellung nutzt man dabei die Selbstorganisation oberflächenaktiver Moleküle („Template“). Das funktioniert ähnlich wie bei Seifenmolekülen in Wasser. Diese ordnen sich von selbst in so genannten Mizellen an, winzigen Kügelchen, die sich an ihrer Oberfläche mit dem Wasser verbinden und in ihrem Inneren Fette aufnehmen können. Molekulare Bausteine lagern sich um diese Template herum und bilden durch Vernetzung einen Festkörper, der mit templatgefüllten Hohlräumen durchzogen ist. Diese Hohlräume können die Form von Kugeln, Kanälen oder auch von Schichten haben. Das kann zum Beispiel so aussehen wie ein Bündel Makkaroni. Aufgrund ihrer über weite Bereiche hinweg modifizierbaren Eigenschaften sind diese porösen Materialien ideale Strukturen („Wirte“) für eine Fülle von Anwendungen, etwa in der Katalyse, für die geschützte Aufnahme von Proteinen und die gezielte Freisetzung von Arzneimitteln oder als Matrix für die Herstellung von superdünnen Drähten für die Nanoelektronik.

Da die Anordnung der Poren und Gänge in diesen Materialien besonders die Bewegungen von Molekülen innerhalb des Systems beeinflusst, ist es von großem Interesse, das Verhalten dieser Moleküle mit der lokalen Struktur des Wirtssystems zu korrelieren. Diese Bewegungen lassen sich zum Beispiel mit Hilfe der Einzelmolekülfluoreszenzmikroskopie beobachten, die bereits detaillierte Einblicke in die Dynamik verschiedenster biologischer Vorgänge in Zellen bis hin zur heterogenen Katalyse geben konnte. Einzelne fluoreszierende Farbstoffmoleküle kann man sich als leuchtende Sonden vorstellen, mit denen man die Diffusionsprozesse im Inneren poröser Wirte verfolgen kann. Aus den Wegen der Moleküle lassen sich dann Rückschlüsse auf die Struktur des porösen Wirtsmaterials ziehen.

Die Einzelmolekülmikroskopie liefert dabei zwar eine deutlich höhere Auflösung als die konventionelle optische Mikroskopie, nämlich bis zu wenigen Nanometern. Durch das Verfolgen einzelner Moleküle kann man aber nur indirekt die Kanalsysteme beobachten, in die das Molekül eindringen kann. Die Transmissionselektronenmikroskopie, deren Auflösung noch höher ist – sie liegt im atomaren Bereich – ist dagegen in der Lage, die gesamte Struktur abzubilden. Sie liefert jedoch keinerlei dynamische Informationen über die Bewegung der Gastmoleküle. Daher war es bis jetzt nicht möglich, die Diffusion einzelner Moleküle mit der realen nanoporösen Struktur ihrer Umgebung zu korrelieren.

Gemeinsam gelang nun den Arbeitsgruppen um Professor Christoph Bräuchle und Professor Thomas Bein die Kombination von Einzelmolekülfluoreszenzmessungen und elektronenmikroskopischen Aufnahmen an derselben Position innerhalb einer mesoporösen Struktur. Die Forscher zeigen, wie einzelne leuchtende Farbstoffmoleküle durch geradlinige oder stark gekrümmte Bereiche eines mesoporösen Kanalsystems wandern, wie sie an Domänengrenzen oder am Übergang zu amorphen Gebieten zur Umkehr gezwungen werden, und sogar wie sie durch Defektstellen in der Wand von einem Kanal zum nächsten schlüpfen können. Außerdem konnten in verschiedenen Bereichen der Wirtsstruktur unterschiedliche Diffusionsgeschwindigkeiten nachgewiesen werden – abhängig von der vorherrschenden Struktur.

Der neue experimentelle Ansatz liefert den Forschern detaillierte Informationen über die reale Defektstruktur poröser Materialien mit einer hohen räumlichen Auflösung, die mit herkömmlichen Beugungsmethoden nicht erreicht werden kann, da diese immer einen Mittelwert über größere Bereiche hinweg abbilden. Ebenso erhalten sie auf diese Weise lokal aufgelöste dynamische Informationen in Echtzeit, die mit konventionellen Diffusionstechniken ebenfalls nicht erzielt werden können. Die Forscher erwarten von dieser neuen Methode detaillierte Einblicke in die reale Struktur und Dynamik vieler poröser Materialien und wichtiger Wirt-Gast Systeme, beispielsweise von bioaktiven Molekülen in porösen Materialien für den zielgerichteten Transport von Arzneimitteln, von Reaktionspartnern in porösen Katalysatoren, oder bei der Herstellung von Nanodrähten für die Sensorik von morgen.

Die aktuell in Nature vorgestellten Arbeiten entstanden im Rahmen der Exzellenz-Cluster „Nanosystems Initiative Munich“ und „Center for Integrated Protein Science Munich“, die es sich zum Ziel gesetzt haben, funktionale Nanostrukturen für Anwendungen in der Medizin und in der Informationsverarbeitung zu entwickeln, zu erforschen und zum Einsatz zu bringen.

Publikation: „Visualizing single-molecule diffusion in mesoporous materials“, Andreas Zürner, Johanna Kirstein, Markus Döblinger, Christoph Bräuchle & Thomas Bein, Nature 2007, Vol. 450; S. 705-708, 29. November 2007