Molekularbiologie: Frühe Faltungen

22.12.2017

Ribosomen sind die Proteinfabriken der Zelle. LMU-Forscher zeigen frühe Schritte ihres Zusammenbaus und visualisieren dabei, wie sie sich aus zahlreichen Komponenten aufbauen und in die richtige Form falten.

Dreidimensionale Struktur eines nukleolären ribosomalen Komplexes. Verschiedene Biogenesefaktoren sind bunt eingefärbt, RNA und ribosomale Proteine sind in hellgrau bzw. dunkelgrau dargestellt. Bild: L. Kater, LMU

Wenn Zellen wachsen, produzieren die zellulären Proteinfabriken – die Ribosomen – große Mengen an Proteinen. Dafür muss die Zelle zunächst die Ribosomen selbst in großem Maßstab bilden. Eine Hefezelle produziert etwa 100.000 Ribosomen pro Stunde, wobei für jedes Ribosom etwa 80 ribosomale Proteine und vier ribosomale RNAs hergestellt werdenmüssen. Damit aus diesen zahlreichen Komponenten eine funktionierende Proteinfabrik entsteht, benötigt die Hefe etwa 200 sogenannte Biogenesefaktoren. Diese Proteine regulieren den Zusammenbau des Ribosoms und sorgen unter anderem dafür, dass die ribosomale RNA korrekt in ihre komplexe räumliche Struktur gefaltet wird. LMU-Wissenschaftler um Professor Roland Beckmann zeigen nun in Kooperation mit Forschern um Professor Ed Hurt (Universität Heidelberg) erstmals in einer dreidimensionalen Darstellung, wie die frühen Schritte dieser Faltung verlaufen. Über ihre Ergebnisse berichten sie im renommierten Fachmagazin Cell.

Ribosomen bestehen immer aus zwei Untereinheiten, die sich wiederum aus mehreren ribosomalen RNA-Molekülen und Proteinen zusammensetzen. Der Aufbau des Ribosoms beginnt bereits im sogenannten Nukleolus des Zellkerns. Von dort werden die heranreifenden Untereinheiten erst ins Kernplasma und dann zur weiteren Vervollständigung aus dem Zellkern ins Zytoplasma transportiert. „Dieser mehrstufige Prozess lässt schon erkennen, dass es sich um einen extrem komplexen Vorgang handelt“, sagt Lukas Kater, der Erstautor der Studie. Um zu untersuchen, wie die die Faltung der ribosomalen RNA im Nukleolus beginnt, haben die Wissenschaftler mithilfe von Kryo-Elektronenmikroskopie die Struktur vonfünf ribosomalen Komplexen aufgeklärt, die mit frühen Biogenesefaktoren assoziiert sind. „Auf diese Weise konnten wir die Funktion mehrerer früher Biogenesefaktoren identifizieren und erstmals die grundlegende Reihenfolge der Faltung und Assemblierung einer nukleolären – also noch lange nicht fertigen – ribosomalen großen Untereinheit aufklären“, sagt Kater.

Dabei zeigte sich, dass sich die entstehende ribosomale RNA von beiden Enden faltet und nicht strikt in der Reihenfolge, in der ihre Bausteine aneinander gereiht werden. „Dadurch entsteht schon während der ersten Phase des Zusammenbaus eine Art Exoskelett für das sich später bildende katalytische Zentrum und den sogenannten Exit-Tunnel, durch den neu produzierte Proteine das Ribosom verlassen werden“, sagt Beckmann.Als nächstes wollen die Wissenschaftler weitere Zwischenschritte beim Aufbau der Ribosomen lösen, um ein noch detaillierteres Bild der Vorgänge im Zellkern zu erhalten.
Cell 2017